Zu den Tarifabschlüssen im öffentlichen Dienst und in der Metallbranche

In unserer Mai-Zeitung haben wir einige Aspekte der Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst und in der Metallbranche ausgewertet. Zu der Frage des Sockelbetrags folgt eine wichtige Ergänzung.

Lange Laufzeit

Eigentlich wäre es im Interesse der Arbeiter und Angestellten, so oft und so stark wie möglich dafür zu kämpfen, dass sich ihre Lage verbessert. Das deutsche Tarifsystem sieht aber für die Laufzeit der Tarifverträge die sogenannte Friedenspflicht vor. Das ist ein Frieden für die Unternehmer, aber eine Fessel für die Beschäftigten, denn in dieser Zeit dürfen sie nicht streiken. Der Abschluss der IG Metall gilt 27 Monate, der von verdi sogar 30 Monate. Das ist Rekord.

Die Unternehmer und der Staat freuen sich – so lange haben sie Ruhe, müssen die Löhne kaum erhöhen und können Profite einfahren beziehungsweise Kosten sparen. Was ist, wenn nun in dieser langen Zeit die Inflation doch stärker steigt? Dann müssen die Arbeiter Reallohnverluste hinnehmen und können kaum etwas dagegen machen.

Kaum Lohnerhöhung

Die IG Metall hatte 6% mehr Lohn für ein Jahr gefordert. Heraus gekommen sind Lohnerhöhungen zwischen 2% und 3,5% für 2018 und 2019. Da die Inflationsrate bei knapp unter 2% liegt, wäre das eine Steigerung des sogenannten Reallohns um entweder 0% oder 1,5%. Also eine Nullrunde oder eine sehr geringe Lohnsteigerung – und das obwohl die Konjunktur brummt.

Verdi hatte ebenfalls 6% mehr Lohn für ein Jahr gefordert. Heraus gekommen ist eine Lohnsteigerung für 2018 um 3,2% und für 2019 um 3,1%. Abzüglich der Inflation bleiben etwas über 1% reale Lohnsteigerung. Für 2020 kommt sogar eine Nullrunde oder Lohnverlust heraus.

Beide Abschlüsse werden also nicht dazu führen, dass die Beschäftigten spürbar mehr Geld in der Tasche haben.

Kein Sockelbetrag

Prozentuale Lohnerhöhungen führen dazu, dass die oberen Einkommen mehr vom Abschluss haben, als die unteren. Deshalb gibt es die Forderung nach einem Festbetrag, um den der Lohn mindestens steigen muss. Die IG Metall hat in ihrem Abschluss zwar einen Festbetrag erzielt, der aber nicht in die normale Lohnsteigerung einfließt, sondern in einem Zusatzvertrag vereinbart wurde, den die Arbeitgeber kündigen können – und sie haben für 2019 schon angekündigt, davon Gebrauch zu machen. Verdi hatte einen Festbetrag von 200 Euro gefordert, um den die Löhne mindestens steigen sollen. Er ist in den Verhandlungen fallen gelassen worden und durch eine Einmalzahlung von 250 Euro ersetzt worden. Das heißt, dass besonders die niedrigeren Löhne kaum steigen werden und davon ist der Großteil der Beschäftigten in beiden Branchen betroffen.

Keine Arbeitszeitverkürzung

In der Metallbranche können die Arbeiter nun von 35 auf 28 Stunden in der WOche reduzieren, aber ohne Lohnausgleich. Das heißt, wer reduziert, kriegt auch weniger Lohn. Außerdem müssen nicht mehr Menschen eingestellt werden, was dazu führt, dass die zusätzliche Arbeit andere Kollegen belastet. Außerdem dürfen die Arbeitgeber in Zukunft die Arbeitszeit von bis zu 50% der Beschäftigten auf 40 Stunden ausweiten, die 35-Stunden-Woche wird noch weiter aufgeweicht. Beim öffentlichen Dienst war die Arbeitszeit gar kein Thema und auch nicht die Einstellung von mehr Personal in Krankenhäusern und Pflegeheimen, obwohl dort schlimme Arbeitsbedingungen herrschen. Verdi hat zwar eine Kampagne zur Entlastung des Personals gestartet, aber welches Mittel wäre wirksamer gewesen, als ein kräftiger Streik?