Wer profitiert von der Schikane?

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„Das ist doch reine Schikane“, sagen wir oft, wenn wir wieder einmal im Jobcenter stehen und schlecht behandelt werden: das Geld wird nicht ausgezahlt, wir bekommen keine Auskunft, Antragsformulare werden nicht ausgehändigt, lange Wartezeiten, ein schlechter Ton, Verweigerung von Leistungen, Dokumente werden nicht gefunden, und so weiter. Was aber ist eine Schikane?

Im Duden steht, dass Schikane eine durch Ausnutzung staatlicher oder dienstlicher Machtbefugnisse getroffene Maßnahme ist, durch die jemandem unnötig Schwierigkeiten bereitet werden. Schikane ist also eine „kleinliche, böswillige Quälerei“, auch das steht im Duden.

Das passt zu den Erfahrungen, die wir im Jobcenter machen. Wie oft stehen wir den Sachbearbeitern im Jobcenter gegenüber und fragen uns, warum die uns so ärgern. Sind es böse Menschen, haben sie schlecht geschlafen? Welche Absicht verfolgen sie mit dem Druck, mit dem schlechten Ton, mit den Drohungen, die sie uns gegenüber aussprechen? „Wenn Sie diese Eingliederungsvereinbarung nicht unterschreiben, dann werden Ihre Leistungen gekürzt!“

Es klingt nicht nur wie eine Drohung, es ist eine. Wenn man uns die Leistungen kürzt, dann haben wir nichts mehr, wovon wir uns und unsere Familien über die Runden bringen können. Unsere Existenz ist gefährdet. Das Jobcenter hat die Macht, uns existenzielle Angst einzujagen. Das ist keine gute Grundlage für eine Vereinbarung. Wir ziehen dabei den Kürzeren. Die Absicht hinter den Drohungen ist uns bekannt, sie wird uns auch fast immer mitgeteilt: wir sollen jeden Job annehmen, den uns das Jobcenter oder der Arbeitsmarkt bietet. Meistens ist es Leiharbeit mit schlechten Arbeitsbedingungen, niedrigen Löhnen, befristeten Verträgen.

Wir werden unter Druck gesetzt, ohne Respekt behandelt, damit wir uns so schnell wie möglich irgendeinen Job suchen, um bloß nicht mehr zum Jobcenter zu müssen. Übrigens handelt das Jobcenter nach geltendem Recht! Im Paragraph 2 des zweiten Sozialgesetzbuches heißt es, dass wir alle Jobs annehmen müssen, die uns zugemutet werden können. Das sind fast alle Jobs, außer wenn die Löhne 30 % niedriger sind als der Tariflohn oder weil jemand geistig, körperlich oder seelisch nicht in der Lage ist, eine bestimmte Arbeit aufzunehmen. Das muss aber durch einen Amtsarzt bescheinigt werden. Wer das schon mal mitgemacht hat, kennt auch hier die besondere Form der Schikane.

Würde das Jobcenter uns ohne Grund schikanieren, könnten wir rechtlich dagegen vorgehen: § 226 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) verbietet die Schikane, wenn sie nur der Schikane wegen erfolgt. Da ist das Jobcenter fein raus! Es verfolgt ja damit einen Zweck. Die unter ,Hartz-Gesetze‘ bekannten Gesetze zur Neuordnung des Arbeitsmarktes verfolgten und verfolgen bis heute das Ziel, die Löhne massiv zu senken. Das wurde auch erreicht.

Wer profitiert aber von diesem Schikane-Gesetz? Es ist uns allen klar. Die Arbeitgeber profitieren von dieser Situation am meisten. Sie müssen weniger Löhne zahlen, weil immer mehr Menschen aus existenzieller Angst bereit sind, für immer weniger Lohn zu arbeiten. Und zwar alle!