Über Hoffnung, Ängste und den Kampf mit Behörden

Ein Mitglied von Zusammen e.V. berichtet.
N. ist alleinerziehende Mutter . Ihr Sohn S.  ist aufgrund eines angeborenen Hörschadens zu 100% behindert. Wegen besseren Behandlungsmöglichkeiten ist sie von Offenbach nach Frankfurt am Main gezogen. Der integrative Kindergarten,

den ihr Sohn täglich von 9:00 – 14:00 besucht, befindet sich in noch in Offenbach, denn es ist ihr seit drei Jahren nicht gelungen, in Frankfurt einen Platz für ihn zu finden. Täglich bringt sie ihren Sohn mit der S-Bahn  nach Offenbach . Das kostet viel Zeit und ist außerdem teuer wegen der Fahrtkosten. Im Kindergarten wird auf die Behinderung ihres  Sohnes , der nur einen bedingten Geräuschpegel ertragen kann, sehr viel Rücksicht genommen. Die übrigen 14 Kinder in der Gruppe wissen, dass S.  unter Kopfschmerzen und Konzentrationsschwäche zu leiden beginnt, wenn es zu laut wird. Seit der Feststellung de. Hörschadens erhält er außerdem wöchentlich 1 ½ Stunden Frühförderung zu Hause. N. hat früh bemerkt, dass mit ihrem Kind etwas nicht stimmt weil er auf Geräusche einfach nicht reagiert hat. Sie hat dann selbst Versuche gemacht, z.B  hat sie, wenn er schlief oder ihr den Rücken zugedreht hatte, nah an seinem Ohr in die Hände geklatscht, worauf er keine Reaktion ziegte.

Dann wurde an der Uni-Klinik in Frankfurt ein Hörtest durchgeführt, der ihre Befürchtungen bestätigte. Ihr Sohn ist taub.  Neun Monate lebte er in einer Welt ohne Geräusche, dann wurden in einer komplizierten Operation Implantate eingesetzt,  und am 08. März 2010 konnte er zum ersten mal  in seinem Leben hören.  Alle Geräusche haben ihn aber zunächst erschreckt und zum Weinen gebracht, „da habe auch ich viel geweint“ berichtet  N, „weil ich sehr große Angst hatte, dass er niemals sprechen lernt.

N. hat aber die Hoffnung nicht aufgeben, darauf geachtet, welche Geräusche und  Töne  für S. erträglich waren und alle anderen von ihm ferngehalten.  Sie hat immerzu leise mit ihm gesprochen, ihm berichtet was sie tut und alles benannt,  ihm Lieder vorgesungen und Geschichten erzählt. Die gesamte Hausarbeit wurde von ihr am Abend erledigt, damit sie diese Zeit am Tag für ihren Sohn zu Verfügung hatte. Ihre Geduld wurde schließlich belohnt. S. begann zu sprechen und sie fühlte sich als die glücklichste Mutter unter der Sonne. N. hat eine Ausbildung als Friseurin und bis zur Geburt ihres Kindes immer gearbeitet, nie öffentliche Gelder in Anspruch genommen und deshalb gehofft, nach fünf Jahren eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis  zu bekommen. Nach der Geburt von S. war arbeiten aber nicht mehr  möglich und  der Traum von der unbefristeten Arbeitserlaubnis ausgeträumt. Dies weckt in ihr öfters die Angst,  mit ihrem Sohn in die Türkei zurückgeschickt zu werden, wo sie keine Versicherung und also keine Behandlungsmöglichkeiten für  S. hätte. 

Der jährliche Gang zum Ordnungsamt ist deshalb immer mit Angst und Herzklopfen verbunden und im letzen Jahr wurde die Aufenthaltserlaubnis erst erteilt, nachdem ein Anwalt interveniert hatte. Die Frage, ob ihr Leben ohne den Sohn für sie einfacher wäre beantwortet N. ohne einen Moment des Nachdenkens und mit einem kleinen Lachen:  „Vielleicht, aber wie sollte ich denn ohne meine große Liebe leben.“