Keine Wahlwerbung für Lohndrückerei

Warum wir uns nicht mehr am Aktionsbündnis für bezahlbaren Wohnraum beteiligen
Ende Januar hatten wir auf einem Extra-Plenum entschieden, aus dem Aktionsbündnis für bezahlbaren Wohnraum auszutreten. Hauptgrund ist die Beteiligung der SPD an diesem Bündnis, für deren Wahlkampf wir keine Unterstützung leisten wollen. Wir wollen keine Illusionen über die bisherige Politik und die Absichten der SPD verbreiten.

 

SPD und Grüne haben mit der Agenda 2010 für die massive Absenkung der Löhne und damit auch für Wohnungsnot gesorgt. Der Kanzlerkandidat der SPD, Peer Steinbrück, war nicht nur für die Bankenrettungspakete verantwortlich, für die wir noch lange bezahlen werden, sondern bleibt auch ein standhafter Verteidiger der Hartz-Gesetze. Der Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD), heute seit einem Jahr im Amt, soll der Partei ein sozialeres Profil geben. Mehr als Kosmetik betreibt er in der Wohnungspolitik nicht.

Die 200 Millionen Euro, die in den nächsten vier Jahren in den Wohnungsbau gesteckt werden sollen, führen lediglich dazu, dass statt 1000 „nur“ noch 600 Sozialwohnungen pro Jahr verloren gehen. Zu den benötigten 100.000 Sozialwohnungen, die in Frankfurt fehlen, wird es so niemals kommen.
Hier die Erklärung im Wortlaut:

Warum wir uns nicht mehr am Aktionsbündnis für bezahlbaren Wohnraum beteiligen

Wir haben uns am Aktionsbündnis für bezahlbaren Wohnraum beteiligt, weil wir die Hoffnung hatten, damit etwas für die Interessen der Lohnabhängigen bewegen zu können. Dies hat sich als Illusion herausgestellt. Die Beteiligung der SPD an dem Bündnis hatten wir von Anfang an kritisch betrachtet, dachten aber, unserer Forderungen nach dem Bau von 100.000 Sozialwohnungen mehr Gehör verschaffen zu können und damit realistisch etwas gegen die Wohnungsnot tun zu können. Auch der Wahl von Peter Feldmann (SPD) zum Oberbürgermeister standen wir skeptisch gegenüber, dachten aber über das Bündnis Druck auf SPD und OB ausüben zu können. Auch dies hat sich als Illusion herausgestellt und wir müssen nun erkennen, dass es schädlich für unsere Vereinsziele ist, weiter mit der SPD in Bündnissen zu sozialpolitischen Fragen zu sein. Warum?

1. Weil wir nicht die Illusion verbreiten wollen, die SPD würde die Wohnungsnot bekämpfen

   Seit letztem Jahr ist Peter Feldmann (SPD) Oberbürgermeister, der mit der Losung „Wohnungen für Alle“ angetreten ist. Seitdem fanden einige kosmetische Maßnahmen statt, die letztlich weiterhin zum Verlust von 600 Sozialwohnungen pro Jahr führen. Das kommt bei den 200 Millionen Euro, die in den nächsten vier Jahren in den Wohnungsbau gesteckt werden sollen, heraus. Gleichzeitig werden die teuren Großbauprojekte der städtischen ABG-Holding gefördert. In Frankfurt fehlen aber 100.000 Sozialwohnungen. Mit diesem Kurs werden sie niemals entstehen.

   Die Wahlkampfversprechen der SPD, günstigen Wohnraum für alle zu schaffen, waren leere Worte. Auch Feldmann wird eine Politik im Sinne der Haus- und Grundbesitzer und Investoren betreiben. Ein Aktionsbündnis, dem die SPD angehört und das diese falsche Politik nicht klar benennt, macht sich zum Resonanzboden für die Wahlziele der SPD und täuscht die Lohnabhängigen. Wir hätten es vorher wissen können: Bereits in den 90er Jahren kürzte die SPD-Grünen-Stadtregierung die Mittel für sozialen Wohnungsbau zusammen und der SPD-Dezernent Wentz trug zur Mieterverdrängung und Mietsteigerung mit Projekten wie dem Luxus-Viertel „Westhafen“ bei.

   Es gibt vergleichbare Erfahrungen aus anderen Städten. Auch in Hamburg absolvierte die SPD einen erfolgreichen Wahlkampf, in dessen Mittelpunkt Wohnraum stand. Nun werden ein paar Sozialwohnungen mehr gebaut – es ist ein Tropfen auf den heißen Stein, der keine Verbesserung für die Lohnabhängigen bringen wird, aber der Partei wieder ein „soziales Profil“ verschaffen soll. In Berlin wurden auf Landesebene unter der SPD/PDL-Regierung tausende städtische Wohnungen privatisiert.

   Wenn wir den Bau von 100.000 Sozialwohnungen allein in Frankfurt fordern, können wir nicht in ein Bündnis mit einer Partei gehen, die auf Bundesebene die Forderung aufstellt, die „jährlichen Mittel für soziale Wohnraumförderung auf dem derzeitigen Niveau in Höhe von 518 Millionen Euro bis 2019 beizubehalten“, denn dieses Niveau ist ein Witz und viel zu niedrig.

   Auf kommunaler Ebene hat OB Feldmann dem neuen Haushalt zugestimmt, der Kürzungen im sozialen Bereich und Preiserhöhungen in öffentlichen Einrichtungen vorsieht und zudem die Grundsteuer erhöht, die die Vermieter an die Mieter weitergeben werden – also zur Steigerung der Mieten führt.

   Auf Landesebene hat die SPD der Schuldenbremse zugestimmt und damit der verstärkten Verarmung der Kommunen den Weg frei gemacht. Wichtige öffentliche Infrastruktur – unter anderem sozialer Wohnungsbau – wird zu Gunsten der Konzerne und Reichen abgebaut.

2. Weil die Lohnsenkungspolitik der SPD nicht von der Wohnungsnot zu trennen ist

   Die SPD ist auf Bundesebene für die Hartz-Gesetze verantwortlich, deren beabsichtigte Folgen die massive Absenkung der Löhne und Sozialleistungen sind. Leiharbeit, Minijobs und befristete Arbeitsverträge, Kinderarmut, Mangelernährung und Existenznot sind eine schwere Belastung für Millionen Menschen. Die Einführung der Rente mit 67 durch SPD-Minister Müntefering war eine massive Rentenkürzung, die auch die stark zunehmende Wohnungsnot von Rentnern zur Folge hat. Wohnungsnot hängt mit den niedrigen Einkommen eng zusammen – auf der einen Seite die hohen Mieten, auf der anderen Seite die immer weiter sinkenden Löhne und Renten. Wir können diesen Fakt nicht ausblenden, wenn wir in der Öffentlichkeit gegen Wohnungsnot auftreten. Das geht nicht mit einer Partei, die diese Gesetze verabschiedet hat und weiterhin „dazu steht“, deren Kanzlerkandidat Steinbrück die Hartz-Gesetze mit entwarf und die Milliarden-Geschenke an die Banken zu verantworten hat, die die Lohnabhängigen teuer zu bezahlen haben.

   Wir haben für uns die Schlussfolgerung gezogen, dass ein Bündnis in sozialpolitischen Fragen mit der SPD unmöglich und schädlich ist, weil es weiter zu Täuschung und Illusionen führt und damit das Gegenteil von unseren Vereinszielen (Klassenbewußtsein schaffen, Aufklärung, konsequent für die Interessen der Lohnabhängigen eintreten) darstellt.

3. Weil nur die konsequente Organisierung und Mobilisierung von Lohnabhängigen etwas verändert

   Die Machtposition von Mietern und Vermietern/Investoren ist nicht gleich. Die Vermieter, Immobiliengesellschaften, Investoren und großen Wohnungsgesellschaften verfügen über Kapital und Einfluss. Sie können ihre Interessen über Medien, Stiftungen, Parteien, Magistrat, Ausschüsse, etc. effektiv durchsetzen. Das gilt auch für die Mietspiegel-Kommission, die zu massiven Mietsteigerungen beiträgt. Die Stadt Frankfurt ist dabei keineswegs unparteiisch, sondern auf Seiten der Grund- und Kapitalbesitzer.

   Viele Lohnabhängige sehen deshalb zu Recht bei Wahlen keine Alternative und enthalten sich der Stimme. Unser Ziel ist es, dass Lohnabhängige sich für ihre Interessen organisieren. Wenn sie der Macht der Haus- und Grundbesitzer etwas entgegen stellen wollen, müssen sie klar erkennen können, wer für wen Politik macht und welche Forderungen sie aufstellen und wie sie diese durchsetzen müssen. Jede Illusion, jede Täuschung verhindert dies.

   Wir werden weiter an unserem Ziel arbeiten, Mieter für ihre Interessen zu organisieren, Aufklärung zu betreiben, Klassenbewußtsein zu schaffen und zur Durchsetzung ihrer Interessen zu mobilisieren. Dabei werden wir mit allen, die dieses Ziel teilen zusammenarbeiten.

Veröffentlicht unter Wohnen