Kerzenschein dank Rechtsbruch

Immer mehr Haushalte kriegen den Strom abgeschaltet – was dagegen tun?
Haben Sie schon mal ohne Strom gelebt? Eine unangenehme Vorstellung, die im vergangenen Jahr für über 200.000 Menschen in Deutschland Realität wurde. Ihnen wurde der Strom abgeschaltet, da sie die Rechnung nicht mehr bezahlen konnten, das meldet das ARD-Magazin „Report Mainz“. Bereits ein Jahr zuvor waren es mehr als 150.000 Betroffene, die bei Kerzenschein leben mussten. Der Geschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, Ulrich Schneider, geht von einer Lücke pro 4-Personen-Haushalt von 150,- € im Jahr aus, die für die Zahlung der Stromrechnung fehlen. Verantwortlich hierfür sind zum einen die Energiekonzerne, die ständig die Preise erhöhen, um ihre Profite zu steigern. Zum anderen ist die Bundesregierung , insbesondere Arbeitsministerin von der Leyen (CDU) verantwortlich. Sie wurde vom Bundesverfassungsgericht aufgefordert, die Hartz IV-Regelsätze neu zu berechnen und hat erneut absichtlich einen viel zu geringen Betrag für Stromkosten veranschlagt.

 

Aber man kann sich gegen eine Stromsperre wehren! Zum einen muss das Jobcenter einem Antrag auf Übernahme der Stromschulden auf Darlehensbasis zustimmen, um eine Stromsperre zu vermeiden. Zum anderen hat das Sozialgericht Frankfurt bereits 2006 entschieden, dass Stromkosten, die den im Regelsatz angegebenen Betrag von 26,87 € übersteigen, vom Jobcenter zu übernehmen sind. Die Begründung des Urteils ist bemerkenswert, da die Richter eine Lücke in der Zusammenstellung des Regelsatzes festegestellt hatten, in der nicht von den „vollen“, sondern „weitgehenden“ Stromkosten im Regelsatz die Rede ist und verweisen auf den von Rainer Roth und Harald Thomé verfassten Leitfaden für ALG II, den wir auch zur Beratung benutzen, um zum Ergebnis zu kommen, dass die darüber hinausgehenden Kosten zu übernehmen sind.

Unser Tip: „Antrag auf Übernahme der Stromkosten, die über den im Regelbedarf definierten Kosten hinausgehen“ stellen. Dabei kann man ruhig auf das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt vom 29.12.06 mit dem Aktenzeichen S 58 AS 518/05 verweisen. Wenn dieser abgelehnt werden sollte, Widerspruch einlegen und dann eventuell vor Gericht. Das sollte man zusammen mit einem Anwalt, einer Beratungsstelle oder am besten als Mitglied des Vereins Zusammen e.V. – denn zusammen kämpfen wir am besten für unsere Rechte.