Alltäglicher Rassismus

rassismus stoppenDas Thema Rassismus in den Köpfen und bei Behörden hat uns in den letzten Tagen wieder einmal konkret beschäftigt. Nicht weil wir schon seit über vier Wochen das Thema aufgrund der unerträglichen Medienhetze vor allem gegen muslimische Migranten diskutieren und überlegen, wie wir als Verein darauf reagieren. Ganz konkret konnten wir sehen, wie es ist wenn eine muslimische Familie in Rödelheim versucht in diesem Land ‘normal’ und in Frieden zu leben.
Die Familie ist schon seit über neun Monaten Zielscheibe von Belästigungen, die sie durch Nachbarn erfahren. Diese Belästigungen eskalierten in den letzten Wochen.

Die Nachbarn schlugen die Tür der Familie ein, betraten deren Wohnung mit Beleidigungen, entwendeten Sachen aus der Wohnung und schlugen auf den Familienvater ein. Auch wenn hier kein direkter Zusammenhang zu der allgemeinen Hetze gezogen werden kann, sind die Sprüche, die sich die Familie bei den Attacken anhören musste, selbstredend: „Ich gehe arbeiten und ihr lebt von meinen Steuergeldern“ oder „Ihr kommt hierher und setzt nur Kinder auf die Welt…“.

Die aus Afghanistan stammende Familie mit deutscher Staatsbürgerschaft wendete sich wieder einmal erfolglos an die Rödelheimer Polizei. Obwohl die Polizei die zerrissenen Kleider des Familienvaters sah, war sie nicht bereit dazu eine Anzeige aufzunehmen. Einige Tage später, als der Vater nicht zuhause war, wurde die Familie wieder Opfer von Belästigungen. Die sich in Sicherheit wiegenden Nachbarn entwedeten diesmal der Familie Schuhe aus der Wohnung, nachdem sie die Tür durch Schlagen aufgemacht hatten. Als der Sohn mit Hilfe einer anderen Nachbarin, versuchte Hilfe bei der Polizei einzuholen, wurden sie mit der Aussage „Da können wir nichts machen“ einfach abgewimmelt. Daraufhin begab sich der älteste Sohn zur Polizei, wieder erfolglos: ihm wurde mitgeteilt, dass man ihm nicht helfen kann. Schon im Februar hatte die Familie versucht Anzeige gegen die Nachbarn zu erstatten und die Polizei nahm diese nicht auf.

Schließlich begaben wir uns am Montag als Verein mit dem Familienvater zur Polizei. Nach einer zweistündigen Vernehmung, konnten wir eine Anzeige aufgeben wegen Diebstahl, Sachbeschädigung, Körperverletzung, Hausfriedensbruch und Beleidigung. Auf die Frage, ob das nicht auch hätte schon vorher aufgenommen werden können, entgegnete man uns schlicht, dass man das nicht wissen könne. Als wir bewirken wollten, dass die Polizei zum Schutz der Familie eine Ansprache mit den Nachbarn hält, damit diese die Familie nicht mehr belästigen, wurde uns zunächst einmal gesagt, dass es dafür keine Möglichkeit gäbe. Erst auf mehrfacher Nachfrage wurde uns offenbart, dass es der Polizei doch möglich sei, eine Gefährderansprache durchzuführen, was wir dann auch verlangten. Für die Betroffenen und für uns als Verein ist es unerträglich mit anzusehen, wie hier mit zwei Maßstäben gemessen wird. Zu Recht fragte dann der Familienvater den Polizisten, was denn passieren müsse, damit die Polizei eine Anzeige aufnimmt oder Hilfe leistet. Auch dies fasste der zuständige Beamte als Provokation auf und reagierte mit lautem Tonfall: „Sie haben keinen Grund sich hier zu beschweren. Schließlich befasse ich mich hier seit über zwei Stunden mit Ihnen.“

Fest steht, die Familie fühlt sich nicht nur belästigt und bedroht, sondern auch von den Behörden allein gelassen. Kein Wunder, dass der Vater schlussfolgert, wenn er könnte, würde er am liebsten wieder nach Afghanistan gehen. Aber auch dort stehen deutsche und andere ausländische Soldaten, die das Land besetzt halten und die Zivilbevölkerung in Angst und Schrecken versetzen. Das Land wird von der Bundeswehr und ihren Verbündeten fortwährend destabilisiert und unsicher gemacht. Die Menschen verlassen ihr Land, „weil das Leben eines afghanischen Zivilisten nicht mehr zählt als das Leben eines Vogels“, so der Vater, „einfach frei zum Abschuss.“ Das ist neokoloniale Ungerechtigkeit. Wenn sie dann hier sind, erwartet sie nicht Demokratie und Gerechtigkeit, sondern Sonderrechte, Sonderbehandlung und Diskriminierung.Es ist, so finden wir, erste Bürgerpflicht sich gegen diese Zustände gemeinsam zu wehren. Deshalb rufen wir alle demokratisch gesinnten Bürger auf, sich mit uns gegen Rassismus und Intoleranz zu engagieren. Wer aktiv werden will, ist herzlich in den Stadtteiltreff eingeladen.